KREISVERBAND CUXHAVEN

31.05.2021

Eine vertane Chance! Zum neuen Baugesetzbuch

„Wir Grünen wollen die bauliche Entwicklung in den Gemeinden auf Ortskerne und vorhandene Freiflächen konzentrieren. Da würde auch ein Bebauungsgebot helfen“, so Wolfgang Steen und Elke Roskosch-Buntemeyer vom Kreisvorstand der Grünen. „Leider sind Regeln verabschiedet worden, leichter in die Außenbereiche zu gehen. Dies bedeutet, dass die Kommunen noch mehr für Infrastruktur ausgeben müssen, zieht weitere Flächenversiegelungen nach sich (was dem Ziel der Bundesregierung widerspricht) und zieht noch mehr Flächenkonkurrenz z. B. für landwirtschaftliche Betrieben nach sich.“ Aus dem Arbeitskreis „Bau“ des grünen Kreisverbandes geben wir die Stellungnahme weiter:

Das Gute Vorweg: Es ist der richtige Weg, durch Schaffung des Dörflichen Wohngebietes die bisher bestehenden Probleme bei der Ausweisung von Baugebieten in den Dörfern aber auch bei der Genehmigung von Vorhaben zu entschärfen. Das Korsett war zu eng und musste geöffnet werden. Wohnen in den Dörfern wird dadurch auch in der Nähe einer dörflichen Landwirtschaft wieder einfacher umsetzbar sein.

Doch es besteht auch Grund zur Kritik: Mit der Gesetzesinitiative sollte „vorhandenes“ Bauland mobilisiert werden. Flächen, die sich für eine Bebauung eignen, sollten bebaut werden. Ein richtiger Weg in einer Zeit, in der die Gemeinden sowohl in Ballungszentren als auch in den ländlichen Gebieten allzu oft nicht wissen, wie sie angemessen Wohnraum für die Bevölkerung schaffen sollen.

Gleichwohl ist diese Novelle mit einer großen Hypothek belastet. Statt die Grundstücke nutzbar zu machen, die sich bereits heute anbieten, wird der Weg des geringsten Widerstandes beschritten und der § 13b BauGB wieder ausgegraben.

Noch vor wenigen Tagen attestierte das BVerfG der Regierung, für den Klimaschutz zu wenig zu machen. Soll dieses Baulandmobilisierungsgesetz die Antwort der Regierung sein, indem der Grundsatz der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung zu Grabe getragen wird?

Anstatt vorhandenen Infrastrukturen zu nutzen und Grundstücke, die bereits heute erschlossen und somit bebaubar sind, zu bebauen, werden neue Infrastrukturkosten generiert, der Innenbereich in den Außenbereich erweitert und eine Baulandentwicklung ohne sachgerechten Ausgleich des Eingriffs in den Naturhaushalt als Ausweg gesucht.

Dabei war vieles in der Baulandmobilisierungsnovelle so angelegt, dass es den Gemeinden geholfen hätte. Das kommunale Vorkaufsrecht und das Baugebot wurden zwar erweitert, aber die Durchsetzungskraft wurde nicht so gestärkt, wie es erforderlich gewesen wäre. Diese Instrumente hätten konsequent geschärft werden müssen. Mit beiden Instrumenten wären die Gemeinden bei einer entsprechenden Ausgestaltung in der Lage gewesen, die Baulandreserven im Innenbereich zu aktivieren.

Ja, es stimmt, das hätte bedeutet, dass der ein oder andere Grundstückeigentümer, die seit Jahren oder gar Jahrzehnten Bauland im Innenbereich horten, in die Pflicht genommen worden wären. Mit einer Schärfung dieser Instrumente wäre den Räten und Bürgermeister:innen ein Werkzeugkoffer an die Hand geben worden, um im Sinne des Grundgesetzes die Sozialbindung des Grundeigentums gemäß Art. 14, 15 GG umzusetzen. Wenn andere Not haben, ist es ein Gebot, dass diejenigen, die helfen können, auch helfen. Interessen des Einzelnen und die Interessen des Gemeinwesens sind stets miteinander abzuwägen; in einer Gesellschaft ist es aber auch normal und sachgerecht, wenn im Einzelfall Einzelinteressen des Grundstückseigentümers gegenüber Interessen der Allgemeinheit mal zurücktreten müssen. Durch das Baulandmobilisierungsgesetz hätten wir die Räte und Bürgermeister:innen in die Lage versetzen müssen, mit denjenigen auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln, die die Innenentwicklung ermöglichen könnten, diese aber blockieren. Dieser Weg verbunden mit angepassten Städtebauförderprogramme hätte gestärkt werden müssen. So wären die Gemeinden in der Lage gewesen, die bestehende Wohnungsprobleme zu lösen, ohne der weiteren bauliche Versiegelung des Außenbereichs über den § 13b BauGB Vorschub zu leisten. Nach dieser Novelle werden sich alle Bürgermeister:innen und Ratsmitglieder:innen, die sich zugunsten einer Stärkung der Innenentwicklung einsetzen, mit dem Vorhalt auseinanderzusetzen haben, es geht doch auch einfacher: § 13b BauGB

Daher ist der § 13b BauGB kein Fortschritt, denn niemand wird es als sinnvoll betrachten, eine noch verschlossene Flasche zu öffnen, um den Durst zu stillen, wenn die Vorhandene noch nicht einmal ausgetrunken ist. Eine Chance für mehr Nachhaltigkeit wurde abermals vertan.

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