KREISVERBAND CUXHAVEN

letzte Aktualisierung, 10.11.2022

Elbvertiefung

Cuxhavener Grüne sehen Elbvertiefung als Fehlplanung mit schwerwiegenden ökologischen Folgen -  Proteste gegen Baggerungen und Schlickverbringungen laufen weiter - Landesregierung bereitet sich auf Klagen gegen Hafenschlick-Deponien vor. 

Ende Juli 2019 hatten die Bauarbeiten für die 9. Elbvertiefung begonnen, im Januar 2022 wurde die neue Solltiefe  der Fahrrinne von 13,50 m (tideunabhängig)  erstmals offiziell freigegeben. Dafür wurden rund 40 Mio. Kubikmeter Gewässerboden ausgebaggert – mit verheerenden Folgen für die Ökologie und mit Freisetzung enormer Mengen von Schlick in der Elbe. Bereits nach kurzer Zeit kamen Meldungen, nach denen die neue Tiefe nicht haltbar war und es gab diverse Einschränkungen für den Schiffsverkehr.  Alle Versuche, mit verstärkter Unterhaltungsbaggerei das Problem zu lösen, scheiterten, immer mehr Einschränkungen wurden verhängt. Im November 2022 dann der Offenbarungseid: Die Behörden mussten die Solltiefe, wenn auch befristet,  auf 12,50 m zurücksetzen, dem Maß vor der 9. Elbvertiefung. Grüne, Umweltverbände, aber auch die neue niedersächsische Landesregierung sehen die 9. Elbvertiefung, die fast eine Milliarde Euro gekostet hat, als gescheitert an.

Es kam immer wieder zu Protesten von Umweltverbänden gegen Elbvertiefung und Schlickverklappungen, an denen sich auch die Cuxhavener Grünen beteiligten. Die zuletzt größte Demo war im Oktober 2020 mit etwa 500 Teilnehmenden am Cuxhavener Radarturm. Seit dem finden dort regelmäßig  einmal im Monat Mahnwachen statt. Besonders schwerwiegend wirken sich auf die Cuxhavener Küste Hafenschlick-Verklappungen aus: Nur ca. 10 km vor den Stränden, am Neuen Lüchtergrund, liegt eine große Unterwasser- Deponie des Bundes, unmittelbar am Nationalpark Wattenmeer.  Gleich dahinter, bei Scharhörn, wurde eine zusätzliche Deponie von Hamburg beantragt, auch für belastete Feinschlämme aus dem Hamburger Hafen. Die Inbetriebnahme wurde zunächst auf Januar 2023 verschoben. Inzwischen gibt es eine Bereitschaft der neuen nds. Landesregierung, gegen diese beiden Deponien zu klagen. Trotz des inoffiziellen „Scheiterns“ der Elbvertiefung soll in großem Stil weitergebaggert werden, die Grünen setzen sich hier für einen schnellen Stopp dieser küstennahen Verbringungen sowie andere, verträgliche Möglichkeiten der Schlickbehandlung ein.  

Die Norddeutschen Landtagsfraktionen der Grünen stellten im Sommer 2022 in Cuxhaven ein gemeinsames Konzept für eine Hafen-Kooperation vor,  das weitere Flussvertiefungen in Zukunft vermeiden soll. Dieses Ziel wurde im November 2022 auch im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und SPD in Niedersachsen aufgenommen. Der  Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven ist dafür ein wichtiger Baustein (zum Hafenkooperationspapier hier) .

Ende Juli 2019 hat der Bundesverkehrsminister den offiziellen Startknopf für die 9. Elbvertiefung gedrückt. Dabei kam es erneut zu Protesten von Umweltverbänden, an denen sich auch die Cuxhavener Grünen beteiligten. Klare Ansage auch von unseren Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus Niedersachsen:  Die Elbvertiefung ist überflüssig, ein schwerwiegender Fehler, der wertvolle Natur zerstört und Geld (rund 800 Mio. Euro) verschwendet, was anderweitig dringend gebraucht würde. Nun gibt es  im Sommer 2020 vor dem Hintergrund der Corona-Krise und Ladungsrückgängen lt. Presseberichten ernsthafte Gespräche über eine Norddeutsche Hafen-Kooperation, die großen Container-Häfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven wollen offenbar  mitmachen. Für die wenigen übergroßen und wirklich vollbeladenen Schiffe hätten dann alle Hafenbetreiber den Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven mit zur Verfügung, der aktuell nur zu etwa 25 % ausgelastet ist. Hafenkooperationen wurde von Beginn des Verfahrens (2003)  an von den Gegnern der Elbvertiefung immer wieder gefordert.   

Aktuell werden in der Elbe die Vertiefungs-Baggerungen mit einer Vielzahl von Großraum-Saugbaggern durchgeführt,  die vor Cuxhaven in Abschnitten über 2 Meter Mehrtiefe erreichen sollen. Mit Stand August 2020 sollen lt. Presseberichten bereits 60 % der Maßnahme fertig sein. Das Baggergut wird auf die verschiedenen Ablagerungsstellen verteilt, von denen einige nahe an Cuxhaven und den Wattenmeer-Gebieten im Elbe-Ästuar liegen.

Petition läuft weiter bei „campact“

Im Internet-Portal „Campact“ läuft weiterhin eine Petition der Bürgerinitiative Wattenmeerschutz Cuxhaven gegen die Verbringung von Baggergut am „neuen Luchtergrund“ vor Cuxhaven. Stand Mitte August 2020 hat sie etwa 8300 Unterschriften. Dort wird bereits und soll über viele Jahre ein Großteil des Schlicks aus der Elbe-Baggerung verklappt.  Die Bürgerinitiative befürchtet schwerwiegende Veränderungen im Weltnaturerbe Wattenmeer durch Schlickablagerungen und Schadstoffe und hat Belege dafür gesammelt, dass die veränderten Strömungen dies begünstigen.   Hier der Zugang im Netz: 

https://weact.campact.de/petitions/stoppt-die-vertiefung-der-elbe-und-die-zerstoerung-des-weltnaturerbes-wattenmeer

Vor den Einvernehmensgesprächen des Landes Niedersachsen mit dem Bund Anfang September über die Sedimentumlagerungen in der Elbe haben Bürgerinitiativen und Grüne erneut auf das Problem aufmerksam gemacht und fordern eine vorläufigen Baggerstopp sowie  Verfahrensänderungen. Es fand am 21.8.20 eine Demo von „Fridays for future“ in Cuxhaven für die Rettung der Elbe statt, die viel Beachtung fand.

 

Rückblick zum Verlauf des Plan- und Genehmigungsverfahrens bei der Elbvertiefung bisher: Bereits 2002, unmittelbar nach Fertigstellung der 8. Elbvertiefung, hatte Hamburg die 9. Vertiefung beantragt. Das Verfahren dauerte 15 Jahre, es gab Tausende von Einwendungen und immer wieder Proteste von Cuxhaven bis ins Alte Land, darunter drei große Fackel-Demos auf den Deichen mit mehreren tausend Teilnehmenden. Das war auch Ausdruck eines Stimmungsumschwungs – weg von der Resignation zu dem Willen, durch Anti-Elbvertiefungsaktion etwas zu bewegen. In diesem Zusammenhang ist auch die Gründung des regionalen Bündnisses gegen Elbvertiefung zu sehen, die Grünen vor Ort zählen zu den Mitgründern und arbeiten kontinuierlich mit.

Die Obstbauern im Alten Land befürchten eine zunehmende Versalzung des Wassers dort, Touristenorte fürchten um die Wasserqualität, Fischer um ihre Existenz. Die Argumente gegen die Elbvertiefung sind vielfältig: natur- und umweltschutzfachliche Gründe, Erhöhung der Fließgeschwindigkeit in der Elbe, erhöhte Havariegefahr, Gefährdung der Deichsicherheit, hohe Kosten und Kritik an den Wachstumsprognosen sowie ein Beharren der Elbvertiefungsbefürworter, auch wenn sich Verkehre, internationaler Handel sich ändern und Ausweichmöglichkeiten durch den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven ergeben.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte dann am 9.2.2017 einer Klage von Umweltverbänden teilweise stattgegeben und die Elbvertiefung vorläufig außer Vollzug gesetzt.  Allerdings hat das Gericht gleichzeitig den geplanten Eingriff in seiner Gesamtheit unter Auflagen für rechtens erklärt und auch die Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie bescheinigt. Ende August 2018 hat Hamburg einen Ergänzungsbeschluss vorgelegt, der eine zusätzliche Ausgleichsfläche an der Norderelbe auf Hamburger Gebiet vorsieht und den Sofortvollzug der Elbvertiefung erwirkt.  Die Umweltverbände haben erneut Klage eingereicht,  diese hat aber keine aufschiebende Wirkung mehr, nach derzeitigem Stand könnte sie im Winter-Frühjahr 2020 verhandelt werden.

Die Elbvertiefung wurde auf Druck von Hamburg in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans Wasserstraßen beschlossen. Der Bund beteiligt sich in erheblichem Maße an der Finanzierung. In Hamburg haben die Grünen in Ihren Programmen stets die Elbvertiefung wegen des aus ihrer Sicht fehlenden Bedarfs abgelehnt und für Hafenkooperationen votiert. In den Koalitionsverhandlungen konnten sie diese Ablehnung nicht durchsetzen und haben den Dissens zu diesem Thema mit der SPD bzw. vorher mit der CDU festgestellt. Insgesamt haben sich die Grünen in Hamburg jedoch für die jeweiligen Koalitionen dort entschieden, welche sie nicht an der Elbvertiefung scheitern lassen wollten.

Wir als Grüne hier in Cuxhaven haben uns immer eindeutig gegen die Elbvertiefung positioniert, zum Teil ist es der Stadtratsfraktion auch gelungen ablehnende Beschlüsse mit der örtlichen CDU und SPD im Stadtrat durchzusetzen – vorrangig ging es immer um die Frage der Deichsicherheit.  Selbstverständlich haben die Cuxhavener Grünen immer die Forderung nach Hafenkooperation unterstützt und das Gespräch und den Austausch mit den Hamburger und Schleswig-Holsteiner Grünen gepflegt.

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